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Verfügungsfonds als Instrument der Stadtentwicklung in kleineren Städten und Gemeinden – Bestandsaufnahme und Arbeitshilfe für Kommunen

Typ: Artikel


Das Bild zeigt einen kleinen Platz, auf dem eine Strandoase vor einer Bühne aufgebaut wurde.

Quelle: Plan und Praxis

In der Städtebauförderung werden Verfügungsfonds erfolgreich eingesetzt, um bürgerschaftliches und privates Engagement für die Stadtentwicklung zu aktivieren und zu unterstützen. Seit 2010 kann das Instrument in allen Programmen der Städtebauförderung zur Anwendung kommen. Während Verfügungsfonds in einigen Programmen regelmäßiger Bestandteil der Förderpraxis sind, ist ihre Anwendung in anderen Programmen eher zurückhaltend. Im Forschungsprojekt stand der Einsatz von Verfügungsfonds in den Programmen der Städtebauförderung in kleineren Städten und Gemeinden im Mittelpunkt. Es wurden Status Quo, Potenziale und Hemmnisse des Instruments ermittelt und konkrete Hilfestellungen und Empfehlungen vor allem für Anwenderinnen und Anwender in kleineren Städten in einer Arbeitshilfe aufbereitet.

Projektstart: Dezember 2018 - Mai 2020

Ausgangslage des Projekts

Verfügungsfondsprojekt in Storkow Verfügungsfondsprojekt in Storkow (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Plan und Praxis, Berlin Verfügungsfondsprojekt in Storkow

Der Verfügungsfonds ist ein Anreizinstrument in der Städtebauförderung, um zusätzliche und kleinere Projekte anzustoßen, bürgerschaftliches Engagement zu aktivieren und lokale Akteure verstärkt an Stadtentwicklungsprozessen zu beteiligen. Konkret können durch einen Verfügungsfonds Projektideen im Fördergebiet mit einem eigenen Budget unterstützt werden. Dabei entscheidet ein lokales Gremium über die Vergabe der Fondsmittel, die sich in der Regel zur Hälfte aus Städtebaufördermitteln und zur Hälfte aus privaten oder zusätzlichen Kommunalen Mitteln speisen.


In der Städtebauförderung wurden Verfügungsfonds erstmals im Jahr 1999 mit dem Förderprogramm "Soziale Stadt" eingeführt. Im Jahr 2008 wurde der Verfügungsfonds in einem veränderten und erweiterten Profil im Programm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" als programmspezifisches Instrument festgelegt und an die besonderen Bedingungen der Zentrenentwicklung angepasst. Aufgrund der positiven Erfahrungen können Verfügungsfonds seit 2010 in allen Städtebauförderprogrammen eingesetzt werden. Die Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung setzt den Rahmen für den Einsatz des Instruments. Die konkrete Ausgestaltung der Einsatzmöglichkeiten obliegt den Ländern, die dazu in ihren Förderrichtlinien die Rahmenbedingungen festlegen.

Verfügungsfondsprojekt in Bad Belzig Verfügungsfondsprojekt in Bad Belzig (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Plan und Praxis, Berlin Verfügungsfondsprojekt in Bad Belzig

Bisherige Erfahrungen mit dem Instrument zeigen: In vielen Städten ermöglicht das Instrument, dass Private aktiviert werden, privat-öffentliche Kooperationen angestoßen und zusätzliche Projekte in den Fördergebieten umgesetzt werden können. Die meisten Erfahrungen mit dem Instrument liegen bislang in den Programmen "Soziale Stadt" und "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" vor. Dabei nimmt die "Soziale Stadt" eine Sonderstellung ein, da hier grundsätzlich eine Projektförderung von 100 % aus Mitteln der Städtebauförderung möglich ist. Im Programm "Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke" werden Verfügungsfonds bislang nur von wenigen Kommunen in einzelnen Ländern eingesetzt, obwohl gerade in kleineren Kommunen bürgerschaftlichem und privatem Engagement in der Stadtentwicklung eine hohe Bedeutung zukommt. Der Verfügungsfonds ist unabhängig von der Stadtgröße ein geeignetes Instrument, um kleinere Maßnahmen zu finanzieren, die Selbstverantwortung für die Ortsentwicklung zu stärken und die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger anzuregen. Ziel in kleineren Städten ist, Prozesse der Ortsentwicklung gezielt für die oft lebendigen, von Zusammenhalt geprägten Gemeinschaften in den Ortsstrukturen zu öffnen und so auch die Identifikation mit der Gemeinde zu stärken.

Erfahrungen mit dem Verfügungsfonds in den Programmen der Städtebauförderung zeigen sehr erfolgreiche Ansätze, aber auch, dass das Instrument kein Selbstläufer ist und in der Anwendung vor Ort Unsicherheiten bestehen.

Ziel

Verfügungsfondsprojekt in Gerolzhofen Verfügungsfondsprojekt in Gerolzhofen (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Plan und Praxis, Berlin Verfügungsfondsprojekt in Gerolzhofen

Mit diesem Forschungsprojekt wurden der Stand und die Potenziale des Einsatzes von Verfügungsfonds in kleineren Städten und Gemeinden ermittelt. Es wurde – auch unter Prüfung der Erfahrungen und Erfolge in anderen Städtebauförderprogrammen – untersucht, welchen Beitrag Verfügungsfonds im Programm "Kleinere Städte und Gemeinden" sowie generell in der Städtebauförderung in kleineren Städten und Gemeinden leisten kann, um privates und bürgerschaftliches Engagement zu aktivieren und die Umsetzung von lokalen und auch überörtlichen Maßnahmen zu begleiten. Berücksichtigt wurden dabei die vor Ort vorhandenen Ressourcen und besonderen Rahmenbedingungen, um aus den praktischen Erfahrungen kleinerer Städte und Gemeinden gezielte Hilfestellungen für Einsatz und Anwendung des Instruments zu entwickeln. Neben einer Analyse des Forschungsstandes und des Status Quo zum Einsatz von Verfügungsfonds, wurden bundesweit elf Verfügungsfonds in zehn Kommunen als Praxisbeispiele untersucht. Im Ergebnis wurde eine Arbeitshilfe verfasst, die gezielt kleineren Städten und Gemeinden Anregungen, Empfehlungen und Unterstützung für den Aufbau und die Anwendung von Verfügungsfonds bietet.

Konzept

Mittels einer umfassenden Bestandsaufnahme der vorhandenen Literatur aus Wissenschaft und Praxis sowie des vorhandenen Datenmaterials aus dem Monitoring der Städtebauförderung auf der einen Seite und der vertiefenden Untersuchung von Praxisbeispielen auf der anderen Seite wurde im Projekt ermittelt, wo und welche Erfahrungen mit Verfügungsfonds bereits vorliegen. Dabei wurden Hemmnisse für den Einsatz des Instruments analysiert und es wurde hinterfragt, ob die besonderen Rahmenbedingungen kleinerer Kommunen auch eine besondere Art der Umsetzung oder Unterstützung bedürfen. Die Analyse betrachtete Verfügungsfonds kleinerer Kommunen in den fünf Städtebauförderprogrammen "Aktive Zentren", "Kleinere Städte und Gemeinden", "Soziale Stadt", "Städtebaulicher Denkmalschutz" sowie "Stadtumbau". Dabei wurden die Ziele und Handlungsschwerpunkte des Städtebauförderprogramms "Kleinere Städte und Gemeinden" – nämlich interkommunale Zusammenarbeit und die Sicherung von Daseinsvorsorgeinfrastruktur – besonders berücksichtigt. Ebenfalls wurde untersucht, wie die Länder den Einsatz von Verfügungsfonds unterstützen und begleiten.

Die Leitfragen des Forschungsprojektes sind:

  • Wie und unter welchen Bedingungen kommen Verfügungsfonds bereits zum Einsatz? In welchen Bundesländern und Kommunen liegen erste Erfahrungen mit dem Instrument Verfügungsfonds im Programm Kleinere Städte und Gemeinden vor?
  • Aus welchen Gründen wurde von diesem Instrument bislang in den anderen Ländern und in den Programmkommunen nur wenig Gebrauch gemacht?
  • In welchen Bereichen setzen Programmkommunen, die das Instrument des Verfügungsfonds bereits aktiv nutzen, dieses Instrument ein, in welchem Umfang und mit welchen Erfahrungen?
  • Welche Strukturen und Rahmenbedingungen sind vorteilhaft für die erfolgreiche Umsetzung in den Kommunen und interkommunalen Kooperationen?
  • Wie wird der Einsatz von Verfügungsfonds von kommunaler Seite begleitet?
  • Wie gelingt es, Bürgerinnen und Bürger sowie weitere Akteure für eine Mitwirkung zu gewinnen und privates Kapitel einzubinden?
  • Welchen Beitrag können Verfügungsfonds in kleineren Städten und Gemeinden zur Aktivierung privaten und bürgerschaftlichen Engagements, zur Umsetzung von lokalen und überörtlichen Maßnahmen und/oder zur Verstetigung der Zusammenarbeit leisten?
  • Welche konkreten Hilfestellungen können in einer Arbeitshilfe für Kommunen formuliert werden und wie lassen sich diese anschaulich darstellen und praktikabel umsetzen?
  • Welche Schlussfolgerungen und Empfehlungen lassen sich aus dem Forschungsprojekt für Kommunen sowie für die Ausgestaltung der Verfügungsfonds in Bund und Ländern ableiten?

Die Projektstruktur (vgl. Abbildung) ist darauf ausgerichtet, den aktuellen Stand zu Verfügungsfonds in der Städtebauförderung und darauf aufbauend handlungsleitende Empfehlungen für Kommunen abzuleiten. Dazu wird in mehreren Arbeitsschritten vorgegangen.

Projektstruktur Quelle: Plan und Praxis GbR Projektstruktur

Zunächst wurde mit einer umfassenden Literatur- und Desktoprecherche der aktuelle Forschungs- und Arbeitsstand zu Verfügungsfonds erfasst und ausgewertet. Dabei wurden auch Förderrichtlinien und weitere Dokumente der Länder ausgewertet. Gleichzeitig wurden quantitative und qualitative Daten des Bundes (elektronische Begleitinformationen, elektronisches Monitoring, Förderdaten zu den Programmen und der Laufenden Raumbeobachtung) analysiert, um Aussagen über Zahl, Struktur, Handlungsschwerpunkte etc. treffen zu können. Aufbauend auf diesen Informationen wurden Experteninterviews mit relevanten Akteuren aus Praxis und Wissenschaft geführt, um so ein ganzheitliches Bild zum Status Quo zu erhalten.

Den Schwerpunkt der Analyse bildeten die Praxisbeispiele. Anhand von elf aktuellen Anwendungsfällen des Instruments aus fünf Programmen der Städtebauförderung wurde in zehn kleineren Städten und Gemeinden der Einsatz von Verfügungsfonds vertiefend untersucht (siehe Abbildung). Im Rahmen von Vor-Ort-Terminen wurden zu jedem untersuchten Verfügungsfonds Gespräche mit lokalen Akteuren durchgeführt, die an der Einführung bzw. Umsetzung des Fonds beteiligt waren. Neben Hintergründen und Rahmeninformationen zum Verfügungsfonds wurden insbesondere auch dessen Entstehungsgeschichte sowie die Einschätzungen der Akteure zu Erfolgsfaktoren und Hemmnissen erfragt. Im Rahmen von Rundgängen wurden außerdem Eindrücke der Situation vor Ort und, wo immer möglich, von geförderten Projekten gewonnen.

Die Zwischenergebnisse des Projektes wurden auf einem Expertenworkshop mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Ländern, nachgeordneten Behörden, beforschten Kommunen sowie weiteren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis reflektiert, diskutiert und entsprechend weiterentwickelt. Gleichzeitig hatte der Ergebnistransfer in die Praxis einen hohen Stellenwert. Daher wurde neben einem Abschlussbericht als weiteres Projektergebnis eine Arbeitshilfe zu Verfügungsfonds für kleinere Städte und Gemeinden erarbeitet. In dieser Arbeitshilfe wurden relevante Projektergebnisse so aufbereitet, dass sie Anwenderinnen und Anwendern in kleineren Städten und Gemeinden helfen, Verfügungsfonds gezielt ein- und umzusetzen, um so bürgerschaftliches Engagement zu aktivieren, lokale Akteure in Stadtentwicklungsprozesse einzubinden und somit zur Gestaltung des städtischen Umfeldes unmittelbar beizutragen.

Ergebnisse

Die Erfassung des Forschungstands zum Instrument Verfügungsfonds als erster Projektbearbeitungsschritt zeigte, dass das Instrument Verfügungsfonds weniger Gegenstand theoretischer Literatur ist. Vielmehr werden Verfügungsfonds in der Städtebauförderpraxis und der Begleitforschung diskutiert.

Umsetzungsstand des Verfügungsfonds

Im Jahr 2019 hatten fast alle Länder das Angebot der Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung aufgegriffen und Verfügungsfonds als mögliches Instrument in ihren Förderrichtlinien aufgenommen. Werden Verfügungsfonds eingerichtet, unterstützen sie diese dementsprechend mit Städtebaufördermitteln. Mehrere Länder geben auch in Arbeitshilfen, FAQ, Informationsblättern oder über die Thematisierung auf Veranstaltungen den Programmkommunen gezielt Hinweise zum Einsatz des Instruments (siehe Links und Veröffentlichungen). In einigen grundsätzlichen Punkten gleichen sich die Förderregeln zum Verfügungsfonds in den Ländern:

  • Als Hauptzielsetzung und Stärke von Verfügungsfonds werden die Aktivierung privaten Engagements und privaten Kapitals sowie eine flexible Projektförderung entsprechend der lokalen Bedarfe gesehen.
  • Die aus Verfügungsfonds finanzierten Maßnahmen müssen den Zielen des Integrierten Handlungskonzeptes bzw. der Fördergebietskonzepte entsprechen.
  • Ein eigens eingerichtetes oder bestehendes Gremium entscheidet über die Mittelvergabe.
  • Mit den Mitteln der Städtebauförderung können investive, investitionsvorbereitende und investitionsbegleitende Maßnahmen finanziert werden. Der Teil der Mittel, der nicht aus der Städtebauförderung stammt (also: Kofinanzierungsmittel, z. B. von privaten Akteuren), kann auch für nicht-investive Maßnahmen eingesetzt werden. Im Programm Soziale Stadt steht generell die Förderung nicht-investiver Maßnahmen im Vordergrund.

Neben den Ähnlichkeiten in der Auslegung der Länder bestehen teils unterschiedliche Herangehensweisen, v. a. im Hinblick auf die Ausgestaltung im Detail. Diese betreffen z. B. die Begrenzung der Förderhöhe, die Frage der verpflichtenden Aufstellung von lokalen Richtlinien oder auch die Einrichtung eines Managements zur Verwaltung des Verfügungsfonds.

Die Auswertung der Monitoring-Daten der Städtebauförderung zum Einsatz von Verfügungsfonds in den einzelnen Städtebauförderungsprogrammen (Stand: 2016) offenbarte hinsichtlich der Anwendung des Instruments in unterschiedlichen siedlungsstrukturellen Ortstypen (Großstadt, Mittelstadt, Kleinstadt, Landgemeinde – Stadt- und Gemeindetyp) Unterschiede zwischen den Programmen wie auch zwischen den Ländern:


  • Im Programm "Soziale Stadt" kamen Verfügungsfonds überwiegend in Groß- und Mittelstädten zum Einsatz und besonders stark in den Stadtstaaten. Im Vergleich hohe Anteile in Kleinstädten sind in Gesamtmaßnahmen der Länder Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg zu erkennen.
  • Im Programm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren" wurde fast jeder zweite Verfügungsfonds des Programmbereichs in Kleinstädten umgesetzt oder geplant (insgesamt 44,7 Prozent der Verfügungsfonds im Programm). Auf kleinere Kleinstädte entfielen 13,3 Prozent, auf größere Kleinstädte 31,4 Prozent, auf Landgemeinden noch 4 Prozent der im Programm eingesetzten Verfügungsfonds. In diesem Programm waren die Anteile in Kleinstädten besonders in den Ländern Bayern, Brandenburg, Sachsen und Saarland vergleichsweise hoch.
  • In den Programmen "Städtebaulicher Denkmalschutz Ost und West" befanden sich 65 Prozent der im Programm eingesetzten Verfügungsfonds in Kleinstädten (n=28), 2 Prozent in Landgemeinden und 7 Prozent in Großstädten. Ein verstärkter Einsatz in Kleinstädten ließ sich aus den Daten für Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Bayern ablesen.
  • In den Programmen "Stadtumbau Ost und West" war kein Schwerpunkt nach siedlungsstrukturellem Typ zu erkennen: In Kleinstädten kamen 36,6 Prozent der Verfügungsfonds des Programms zur Anwendung, 7 Prozent in Landgemeinden, 28 Prozent in Mittelstädten und 28 Proeznt in Großstädten. Dabei war in den Ländern Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Bayern und Sachsen ein verstärkter Einsatz in Kleinstädten abzulesen.
  • Das Programm "Kleinere Städte und Gemeinden" findet in Großstädten keine Anwendung, daher ließen sich die entsprechenden Daten nur schwer mit den vorgenannten vergleichen. Zudem waren die Fallzahlen zum Verfügungsfonds insgesamt sehr gering. In Ansätzen ablesen ließ sich ein verstärkter Einsatz in den größeren Kleinstädten. Im Vergleich zu anderen Programmbereichen zeigte sich auch ein hoher Anteil von Verfügungsfonds in Landgemeinden. Betrachtet nach Gesamtmaßnahmen wurden Verfügungsfonds im Programm KSG v. a. in Nordrhein-Westfalen eingesetzt (41,5 Prozent der Kooperationsräume hatten einen Fonds, entspricht 20), zudem hatten 11 Prozent der Kooperationsräume in Bayern einen Verfügungsfonds oder bereiteten einen vor.

Formen der Umsetzung von Verfügungsfonds

Verfügungsfonds in der Städtebauförderung weisen in ihrer konkreten Ausgestaltung eine hohe Vielfalt auf. Diese ergibt sich teilweise aus Unterschieden in den Förderrichtlinien und Ansätzen der Länder. Zudem knüpfen Verfügungsfonds stets an die jeweils individuellen Rahmenbedingungen vor Ort an und werden somit von diesen beeinflusst.

Auf inhaltlicher Ebene lässt sich grob unterscheiden: Zum einen solche Verfügungsfonds, die der Stärkung zentraler Bereiche der Orte dienen und solche, die verstärkt soziale Belange im Fokus haben (letzteres entspricht dem Fondsmodell im Programm Soziale Stadt). Weiterhin zeigen sich Profile nach Art der Finanzierung, d.h. wie die öffentlich-private Gemeinschaftsfinanzierung als Kern des Verfügungsfonds in den Programmen der Städtebauförderung konkret ausgestaltet wird (siehe Abbildung). Dies kann als projektunabhängige Fondslösung (Modell A) oder auch als projektbezogene Kofinanzierung erfolgen (Modell C). Verfügungsfonds können auch mit zusätzlichen Mitteln der Gemeinde gebildet werden (Modell B), z. B. auch zur Anschubfinanzierung (siehe hierzu auch B.B.S.M. 2017). Im Programm Soziale Stadt wiederum können Verfügungsfonds zu 100 Prozent aus Städtebaufördermitteln finanziert werden.


Praxisbeispiele

Zentrale Erkenntnisse zur Anwendung von Verfügungsfonds lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Ziele und Motive: Die betrachteten Verfügungsfonds zielen – auf ihre jeweils individuelle Art und Weise – auf eine Begleitung der Städtebaufördermaßnahme im Sinne einer Belebung bzw. Erlebbarmachung der gebauten Umwelt ab. Privates bzw. bürgerschaftliches Engagement soll für die Ortsentwicklung aktiviert werden, häufig auch um die Identifikation mit und damit die Bindung an die Programmgebiete zu fördern.

Räumlicher Fokus: Die räumliche Ausrichtung der Verfügungsfonds liegt in den betrachteten Praxisbeispielen überwiegend auf den Innenstädten der Kernstädte der Gemeinden. Dies ergibt sich für einige Beispiele auch zwangsläufig aus den Landesvorgaben zur Ausrichtung von Verfügungsfonds: So formulieren die Länder Nordrhein-Westfalen und Brandenburg in ihren Förderrichtlinien explizit eine Zentrenorientierung (Ausnahme: Verfügungsfonds im Programm "Soziale Stadt").

Projekt-/ Maßnahmenarten: Mit den Verfügungsfonds wird ein breites Spektrum an Projektarten unterstützt. In mehreren Beispielen spielen Veranstaltungen (Feste, Theater, Konzerte, Sport) oder Aktionen (z. B. Mitmach-Adventskalender) sehr unterschiedlicher Art eine bedeutende Rolle. In ihnen wird die Möglichkeit gesehen, die gebaute Stadt zum Leben zu erwecken, teils auch neue Assoziationen herzustellen und identitätsstiftend zu wirken. Unter den investiven Maßnahmen finden sich zum einen stadtgestalterische Maßnahmen im öffentlichen Raum, die Eigenheiten hervorheben und Akzente setzen, zum anderen werden Maßnahmen unterstützt, die zwar an Privatgebäuden umgesetzt werden, jedoch zu einer Aufwertung des öffentlichen Raumes beitragen sollen (z. B. Gebäudebeleuchtung). Maßnahmen, die im weitesten Sinne dem Bereich Daseinsvorsorge zuzuordnen wären, zeigen sich nur vereinzelt (z. B. Trinkbrunnen).

Finanzvolumina und Arten der Kofinanzierung: Das Spektrum der Finanzvolumina der Verfügungsfonds ist breit und schwankt teils auch über die Jahre der Laufzeit stark. Die Bandbreite reicht von knapp 800 Euro bis zu 100.000 Euro jährlich. Dies ergibt sich aus den z. T. sehr unterschiedlichen Zielstellungen und Projektarten sowie aus dem ebenfalls teils sehr unterschiedlichen Umfang der Kofinanzierung. Unter den Praxisbeispielen finden sich drei Grundmodelle der Kofinanzierung wieder (siehe Abbildung): die private Kofinanzierung des Fonds (A), die kommunale Kofinanzierung des Fonds (B) sowie die private Kofinanzierung von Projekten (C).

In einzelnen untersuchten Praxisbeispielen sind Eigenleistungen als (anteilige) private Kofinanzierung möglich, d. h. Sach- und Arbeitsleistungen können als geldwerte Leistungen in das Fondsvolumen bzw. die Projektfinanzierung eingehen.

Kommunale Richtlinien: Die Mehrzahl der untersuchten Verfügungsfonds haben zentrale Festlegungen und Orientierungspunkte in kommunalen Richtlinien festgehalten. Die Richtlinien wurden in der Regel gleich mit Beginn des Verfügungsfonds erstellt, oft basierend auf Entwürfen der prozessbegleitenden Büros und/oder auf Richtlinien anderer Kommunen, die auf die individuelle Situation angepasst wurden. Sie stehen jeweils öffentlich zur Verfügung.

Informationsmaterialien: Die meisten Kommunen stellen unterschiedliche Informations- und Begleitmaterialien zu den Fonds zur Verfügung. Typisch sind ein Bereich der städtischen Internetseite, auf der die Fonds beleuchtet werden, ein Flyer, der wesentliche Inhalte der Richtlinie kurz zusammenfasst, sowie ein Antragsformular.

Organisation und Akteure: Als typische organisatorische Konstellation erwies sich eine Kombination aus der Stadtverwaltung (Bauamt und/oder Wirtschaftsförderung), dem lokalen Gremium sowie – meist, aber nicht immer – einem externen Büro (Gebiets- bzw. Kooperationsmanagement oder Sanierungsträger). Die Gremien sind hinsichtlich ihrer Verfasstheit, ihrer Rolle im Prozess (Entscheidungsgewalt) und ihrer personellen Zusammensetzung unterschiedlich ausgestaltet. Ihre Größe reicht von 7 bis zu 14 festen Mitgliedern. In einigen Beispielen sind keine oder nur einzelne private Akteure (Einzelpersonen, zivilgesellschaftliche oder privatwirtschaftliche Organisationen und Netzwerke) vertreten, in anderen soll möglichst ein Querschnitt der lokalen Akteurslandschaft abgebildet werden.

Übergreifende Erkenntnisse: Potenziale und Hemmnisse des Instruments Verfügungsfonds in kleineren Städten und Gemeinden

Verfügungsfonds sind in der Städtebauförderung ein vergleichsweise kleines Instrument. Gleichwohl können sie die Beteiligung privater Akteure unterschiedlicher Art - hierzu zählen Einzelpersonen ebenso wie zivilgesellschaftliche und privatwirtschaftliche Organisationen und Netzwerke – an Stadtentwicklungsprozessen wirkungsvoll befördern. Mittels Verfügungsfonds wird nicht nur das Spektrum der Möglichkeiten für lokales Engagement in der Stadtentwicklung erweitert. Sie tragen zudem zur stärkeren Wertschätzung dieses Engagements bei, u. a. indem eine echte Übertragung von Verantwortung stattfindet. Besonders bedeutsam sind hierfür die lokalen Gremien, in denen im Idealfall ein Querschnitt der lokalen Akteurslandschaft zusammentrifft. Sie wirken oft als integratives und vertrauensbildendes Forum, in dem nicht nur über die Förderung von Projekten entschieden, sondern vielmehr über die Ortsentwicklung im breiteren Sinne diskutiert wird. Verfügungsfonds können so die Identifikation lokaler Akteure mit der Gemeinde stärken und deutlich über die Städtebauförderung hinaus wirken.

Ein erhebliches Potenzial besteht auch darin, dass Verfügungsfonds eine verhältnismäßig unbürokratische und schnelle Förderung – und somit auch Umsetzung – kleiner Projekte erlauben, die unmittelbar aus lokalen Bedarfen und Wünschen entstehen. Die Kleinstförderungen können zudem einen Lückenschluss in der örtlichen Finanzierungslandschaft leisten, wenn die auf größere bauliche Maßnahmen angelegte Städtebauförderung nicht greift (z. B. weil das Vorhaben zu klein oder zu kurzfristig angelegt ist) und etablierte Sponsoren ein Projekt nicht fördern können oder wollen. Nicht zuletzt tragen die Projekte von Verfügungsfonds oft zur Begleitung größerer Maßnahmen der Städtebauförderung und zur Belebung der baulichen Ortsstrukturen bei.

Programmübergreifend zeigen sich auch Hemmnisse für den Einsatz des Instruments, die in kleineren Städten und Gemeinden angesichts ihrer oft sehr kleinen Verwaltungen und ihrer teils sehr beschränkten finanziellen Ressourcen besonders ins Gewicht fallen. Ein zentraler Faktor sind bürokratische Hürden, die sich aus den Förderrahmenbedingungen ergeben. Für die Gemeinden entstehen daraus teils erhebliche Unklarheiten und Unsicherheiten sowie ein Maß an Aufwand, welches im Hinblick auf die i. d. R. geringen Fördersummen unverhältnismäßig erscheint.

Ein häufiges Problem besteht in Unsicherheiten hinsichtlich der Förderfähigkeit von Maßnahmen sowie deren Einteilung in die Kategorien "investiv", "investitionsvorbereitend" und "investitionsbegleitend". Die Förderregularien werden z. T. als zu einengend eingeschätzt, sodass naheliegende Maßnahmen, die der Erfüllung der Zielstellungen der Gesamtmaßnahme zuträglich wären, nicht – oder nur mit erheblichen Bedenken oder aufwändigen Umwegen – umgesetzt werden können. Dies wiederum ist in den Gemeinden nur schwer an engagierte private Akteure zu vermitteln und kann sich negativ auf ihr Engagement auswirken. Ähnlich verhält es sich mit Anforderungen, die sich durch das Vergaberecht für öffentliche Mittel ergeben und private Akteure schnell überfordern können (z. B. Pflicht zur Einholung mehrerer Vergleichsangebote; baufachliche Prüfungen auch bei kleinen Projekten/Beträgen).

Zentrale Herausforderungen ergeben sich zudem aus der (wahrgenommenen) Anforderung, Kofinanzierungsmittel ausschließlich direkt für den Fonds (also: ohne Projektbezug) einzuwerben. Dies ist in aller Regel mit erheblichem Überzeugungsaufwand gegenüber privaten Akteuren verbunden, der nicht zwingend zum Erfolg führt. Davon unabhängig können – gerade in strukturschwachen Räumen – allgemein Schwierigkeiten bei der privaten Kofinanzierung aufkommen. Im Ergebnis kann die Umsetzung eines Verfügungsfonds somit von zusätzlichen Zuwendungen der Gemeinde abhängen.

Arbeitshilfe "Verfügungsfonds in kleinere Städten und Gemeinden"

Auf Grundlage der Forschungsergebnisse wurde eine Arbeitshilfe entwickelt, die gezielte Hilfestellungen für einen verstärkten Einsatz des Instruments in kleineren Kommunen bietet.

Die Arbeitshilfe richtet sich in erster Linie an kommunale Akteure in kleineren Städten und Gemeinden, die eine Schlüsselfunktion bei der Einrichtung und Umsetzung von Verfügungsfonds in der Städtebauförderung einnehmen; dies sind insbesondere lokale Verwaltungen, Lokalpolitik sowie durch sie beauftragte Dritte. Die Arbeitshilfe soll sie motivieren, Verfügungsfonds im Rahmen ihrer Städtebaufördermaßnahmen aufzulegen. Hierzu werden Mehrwert, Potenziale und Möglichkeitsräume des Instruments dargestellt. Ebenfalls werden Anregungen und konkrete Hilfestellungen für eine zielgerichtete Umsetzung und auf die lokalen Rahmenbedingungen passende Ausgestaltung der Fonds gegeben. Neben textlichen Erläuterungen kommen zahlreiche Grafiken zum Einsatz, konkrete Beispiele aus der Praxis zeigen unterschiedliche Anwendungswege und Musterdokumente bieten unmittelbares Orientierungsmaterial.

Quellen

  • B.B.S.M. Brandenburgische Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung (2017): Verfügungsfonds und Aktionskassen, Vortrag im Rahmen des Städteforums Brandenburg, Arbeitskreistreffen Soziale Stadt am 17.7.2017 in Eberswalde
  • eBI – elektronische Begleitinformationen zu den Programmen der Städtebauförderung des BBSR, Jahre 2016 und 2017
  • eMo – elektronisches Monitoring zu den Programmen der Städtebauförderung des BBSR zum Berichtsjahr 2016.
  • Förderdaten des Bundes zu den Programmen der Städtebauförderung, BMI 2017.

Links und Veröffentlichungen

Veröffentlichungen des Bundes


Arbeitshilfen und Anwendungshinweise der Länder (ohne Stadtstaaten)

Die Verwaltungsvereinbarung Städtebauförderung setzt den Rahmen für den Einsatz des Verfügungsfonds. Im Detail regeln die Förderrichtlinien der Länder die Ausgestaltung. In einigen Ländern wurden vertiefende Umsetzungs- und Handlungsempfehlungen zum Verfügungsfonds in Form von Leitfäden oder Arbeitshilfen veröffentlicht. Dies sind mit Stand Januar 2020 u. a.:

BundeslandPublikationLink
Baden-WürttembergMinisterium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg: Flyer NIS – Nichtinvestive Städtebauförderung, o.J.Link zu Publikation
BayernOberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern (Sachgebiet Städtebauförderung): Leitlinie öffentlich-privater Projektfonds - Programm Aktive Stadt- und Ortsteilzentren, 2017Link zu Publikation
HessenMinisterium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: Programminformationen zum Bund-Länder-Programm Aktive Kernbereiche in Hessen, 2018Link zu Publikation
Servicestelle HEGISS Soziale Stadt: FAQ Soziale Stadt – Häufig gestellte Fragen im Städtebauförderungsprogramm "Soziale Stadt" in Hessen – Beantwortung und Hinweise, 2018Link zu Publikation
Mecklenburg-VorpommernMinisterium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern: Leitlinien zum Städtebauförderprogramm "Aktive Stadt- und Ortsteilzentren", 2019
Ministerium für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern: Leitlinien zum Verfügungsfonds zum Förderprogramm Soziale Stadt in Mecklenburg-Vorpommern, 2011Link zu Publikation
Niedersachsen Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz: Webseite mit Übersicht Finanzierung sowie FAQ zum Verfügungsfonds.Link zu Publikation
Nordrhein-WestfalenStädtenetz Soziale Stadt NRW: Handreichung. Der Verfügungsfonds nach Ziffer 17 der Förderrichtlinie der Städtebauförderung NRW 2008 in der Sozialen Stadt NRW. Eine Handreichung zum Verfahren mit Praxisbeispielen, 2017Link zu Publikation
Netzwerk Innenstadt Nordrhein-Westfalen: Arbeitshilfe Verfügungsfonds. Hilfestellungen, Fördergrundlagen und Praxisbeispiele aus Nordrhein-Westfalen, 2013Link zu Publikation
SaarlandMinisterium für Inneres und Sport, Abteilung C "Kommunale Angelegenheiten und Städtebauförderung": Leitfaden Soziale Stadt – Saarland. Leitfaden für das Städtebauförderprogramm "Soziale Stadt", 2016Link zu Publikation
Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr, Abteilung Landes- und Stadtentwicklung Saarland: Aktive Zentren. Leitfaden zum Städtebauförderungsprogramm, 2010Link zu Publikation
SachsenStaatsministerium des Innern des Freistaates Sachsen: Bund-Länder-Programme der Städtebauförderung. Anwendungshinweise zum Verfügungsfonds, 2019Link zu Publikation
ThüringenTMIL – Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft: Begleitend-kooperative Instrumente zur Stärkung der (inner-) städtischen Funktionen in den Kommunen. Allgemeine Informationen für Kommunen, 2018

Auftragnehmer

Plan und Praxis – Ingenieurbüro für Stadt- und Regionalplanung
Manteuffelstraße 111
10997 Berlin

Anja Besecke, Sebastian Däßler, Beate Glöckner †, Dr. Josiane Meier, Holger Pietschmann