Navigation und Serviceinhalte

Das Foto zeigt aus der Vogelperspektive einen Platz, an dem sich asphaltierte Wege kreuzen, auf dem links ein Baum steht und rechts ein blaues Gebäude mit rotem Dach angrenzt. Drumherum befinden sich weitere Bäume sowie Büsche und ein kleiner Weiher. Quelle:Burghammer Landschaftsarchitektur

Typ: Praxisbeispiel , Datum: Sozialer Zusammenhalt , Datum: 11.05.2021

Ganzheitliche Wohnumfeldgestaltung in Steinbach (Taunus)

In Steinbach (Taunus) wurde in einer Großwohnsiedlung ein ganzheitliches Wegekonzept umgesetzt und das Wohnumfeld aufgewertet. Durch die intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger konnten die Bedarfe und Nutzungsinteressen verschiedener Bevölkerungsgruppen berücksichtigt werden.

Eckdaten

Land

Hessen

Bevölkerung (Gemeinde)

circa 10.800

Gebietsgröße

25 Hektar

Bundesfinanzhilfen

2,982 Millionen Euro

Gebietstypus

Wohngebiet, Stadtrand, 1960er und 1970er

Schwerpunktthemen

  • Wohnen
  • Grüne Infrastruktur

Instrumente

  • Bürgerbeteiligung

Kontext

Die Kleinstadt Steinbach (Taunus) ist überwiegend Wohnort, liegt zentral im Ballungsraum Rhein-Main im Hochtaunuskreis und nordwestlich von Frankfurt am Main. In dem Programmgebiet „Östliches Stadtgebiet und Innenstadt“ leben ca. 4.000 Menschen und damit mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung der Stadt.
Der für den hochpreisigen Vordertaunus günstige Wohnraum, u. a. aufgrund eines hohen Anteils an gefördertem Wohnungsbau, führt zu einem Zuzug von einkommensschwachen Haushalten. Viele Menschen im Quartier sind von Armut betroffen und von Transferleistungen abhängig. Zudem ist der Anteil an Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund im Vergleich sowohl mit der Gesamtstadt als auch mit den Nachbarkommunen des Hochtaunuskreises höher.
Das Programmgebiet unterscheidet sich durch die bauliche Struktur deutlich vom restlichen Stadtgebiet und den umliegenden Gemeinden. Durch die markante, großstädtisch wirkende Bebauung aus den 1960er und 1970er Jahren hebt es sich von den dörflich geprägten Siedlungsbereichen ab. Es dominieren 3- bis 4-geschossige Mehrfamilienhäuser und Punkthochhäuser mit bis zu 14 Geschossen am Rand des Wohngebiets.

Beschreibung der Gesamtmaßnahme

Das Gebiet „Östliches Stadtgebiet und Innenstadt“ wurde im Jahr 2013 in das Förderprogramm Soziale Stadt (seit 2020 Sozialer Zusammenhalt) aufgenommen. Ziel war unter anderem, Defizite in der Frei- und Grünraumgestaltung zu beheben und neue Wegekonzepte, integrativ mit erreichbaren Spiel-, Bewegungs- und Ruheinseln, zu schaffen und somit das Wohnumfeld der Bewohnerinnen und Bewohner nachhaltig aufzuwerten. Dieses Ziel wurde bereits im Stadtentwicklungsplan von 2006 aufgeführt.
Entsprechend dem damaligen städtebaulichen Leitbild und typisch für die Struktur von Großwohnsiedlungen gibt es zwischen den Gebäuden großzügigen halböffentlichen Freiraum, der jedoch kaum gestaltetet war und genutzt wurde. Generell fehlte es an attraktiven Aufenthaltsorten und Orten der Begegnung. Der öffentliche Spielplatz und mehrere private Spielbereiche waren in einem ausbaufähigen baulichen Zustand. Vor den Aufwertungen fehlte es an attraktiven Aufenthaltsorten bzw. Orten der Begegnung. Weitere Missstände waren die Gestaltung von Hauseingängen und hausnahen Müllplätzen sowie Vorplätzen der öffentlichen Einrichtungen. Neben einer starken Abnutzung der Außenbereiche gab es zudem Spuren von Vandalismus.
Im Rahmen der Erstellung des Integrierten Handlungskonzeptes (2015) wurde deutlich, dass die Bewohnerschaft ein großes Interesse an der Aufwertung des Wohngebietes hatte, insbesondere da die positive Innenwahrnehmung des Quartiers im Kontrast zu einer deutlichen Stigmatisierung und einem negativen Außenimage der Gesamtstadt im Hochtaunuskreis stand.
Zu den baulichen Maßnahmen gehörten viele kleinteilige Ansätze und einige Kernprojekte mit unterschiedlichen Funktionen und Zielgruppen. Drei dieser Kernprojekte haben eine besondere Relevanz für die Aufwertung des Wohnumfeldes:
Zur Gestaltung der Neuen Stadtmitte, ein Einzelhandels- und Dienstleistungszentrum, das die Wohnsiedlung mit dem Ein- bis Zweifamilienhausgebiet verbindet, zählt die Sanierung des St.-Avertin-Platzes und die Neugestaltung der Fahrbahn, von Gehwegen und Parkplätzen. Die Straßenbeleuchtung wurde erneuert und eine neue Fußwegeverbindung geschaffen. Komplettiert und aufgewertet wird der Platzbereich durch das wiederaufgebaute Bürgerhaus. 2020 wurde die Untergasse, welche die historische und die neue Stadtmitte miteinander verbindet, umgestaltet und wird nun ihrer Funktion als Eingang zum Quartier gerecht. Zu den Maßnahmen gehörten die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch eine neue Verkehrsführung, die Schaffung von Barrierefreiheit und das Pflanzen von Bäumen. Die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger erfolgte über eine Planungswerkstatt, Stadtfeste, Workshops und Fragebögen in mehreren Sprachen.
Die Entwicklung des Thüringer Parks, einer 1.900 großen öffentlichen, zuvor monoton gestalteten Freifläche zwischen den Wohnhäusern wurde nach Sitzungen des Quartierbeirats und einer Planwerkstatt mit den Bewohnerinnen und Bewohnern zu einem Treffpunkt für ältere Menschen entwickelt. Heute bietet der Park mehr Abwechslung, eine geschwungene und verbesserte Wegeführung und einen Ort zum Boulespielen und für Veranstaltungen. Zudem wird die Anlage auch nachts gut ausgeleuchtet.
Ein weiteres Kernprojekt war der „Grüne Weg“, ein ehemaliger Feldweg, der das Wohngebiet mit einem Gewerbegebiet verbindet, das nordöstlich des Programmgebiets liegt und zur Nahversorgung dient. Der Weg wurde barrierefrei ausgebaut, aufgewertet und führt nun direkt zu den Supermärkten. Nach Fertigstellung laden Bänke und Picknickgruppen zum Ausruhen und zum Austausch ein und eine neue Beleuchtung sorgt für ein größeres Sicherheitsgefühl. Zu dem Projekt gehört auch die Schaffung eines naturnahen Spiel- und Aufenthaltsraums, der als Treffpunkt für Jugendliche dient. In dem Prozess wurden die Jugendlichen stark in die Planung und Gestaltung des Aufenthaltsortes miteinbezogen. Dies erfolgte durch Befragungen zu ihren Freizeitbedürfnissen und durch Mitbauaktionen.
Als Hauptfußwegachse, die den Thüringer Park mit der Schule, den Kinderstätten, der neuen Stadtmitte und dem Naherholungsbereichen in der Steinbachaue verbindet, wurde im Jahr 2020 der Pijnackerweg neu gestaltet und erheblich aufgewertet. Entlang des Weges befinden sich Aufenthaltsbereiche für verschiedene Altersgruppen.
Weitere flankierende Maßnahmen: Gestaltung von Hauseingängen, Aufwertung des Vorplatzes der Geschwister-Scholl-Schule und des Bereichs der Kindertagesstätte, Aufwertung der Stellplätze für Glas- und Altkleidercontainer, Qualifizierung der Garagenplätze am Hessenring sowie Modernisierung des öffentlichen Spielplatzes. Zudem stellen Quartiersläuferinnen und Quartiersläufer die Sauberkeit im Quartier sicher.
Für die Gesamtheit aller Maßnahmen im Handlungsfeld Wegeverbindungen, Wohnumfeldgestaltung und Frei- und Grünräume wurden 80 % der Fördermittel investiert. Dadurch wurden Folgeinvestitionen, insbesondere durch die zwei größten Wohnungsunternehmen in dem Quartier, angestoßen. Diese investieren nun ebenfalls in Spielplatzkonzepte, die energetische Sanierung und Fassadengestaltung sowie Hauseingangsbereiche. Als private Folgeinvestition errichtet zurzeit eine Wohnungsbaugesellschaft, die Eigentümerin der Liegenschaften rund um den Thüringer Park ist, ein Gebäude mit 14 barrierefreien Seniorenwohnungen, angeschlossener Tagespflege und einer Begegnungsstätte mit Café am Park. Die Vergabe der Wohnungen erfolgt an ältere Bewohnerinnen und Bewohner des Quartiers, die damit auch bei Pflegebedürftigkeit in ihrem vertrauten Wohnumfeld bleiben und die sozialen Kontakte erhalten können.

Meilensteine

  • 2013: Aufnahme in das Programm Soziale Stadt
  • 2015: Erstellung des ISEK (gefördert mit den Mitteln der Städtebauförderung)
  • 2015 - 2017: Wiederaufbau Bürgerhaus (Neue Stadtmitte)
  • 2016 - 2018: Umgestaltung Neue Stadtmitte – St.-Avertin-Platz
  • 2017 - 2018: Planung und Gestaltung des Thüringer Parks
  • 2017 - 2019: Grüner Weg und naturnaher Spiel- und Aufenthaltsraum
  • 2018: Schaffung Kleinkinderspielplatz in der Steinbachaue
  • 2019: Umgestaltung Kita-Vorplatz/Platz am Weiher
  • 2020: Umgestaltung Pijnackerweg und Schaffung Verbindung zum Walter-Herbst-Weg
  • 2020: Verbindung Alte Stadtmitte – Neue Stadtmitte (Umgestaltung Untergasse)
Das Bild zeigt einen Platz in einem Park. Der Platz und die Wege dorthin sind mit rötlichen Steinen gepflastert. Am Rand befindet sich eine Mauer zum Sitzen und eine hohe Kunstfigur. Im Hintergrund sind Bäume und Häuser zu erkennen. Das Bild zeigt einen Platz in einem Park. Der Platz und die Wege dorthin sind mit rötlichen Steinen gepflastert. Am Rand befindet sich eine Mauer zum Sitzen und eine hohe Kunstfigur. Im Hintergrund sind Bäume und Häuser zu erkennen. (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Stadt Steinbach (Taunus) Das neu gestaltete Wegekreuz vom Pijnackerweg und Walter-Herbst-Weg

Gute Praxis

Der Erfolg des Projekts lässt sich auf den ganzheitlichen Ansatz der Umgestaltung und Aufwertung des öffentlichen Raums und die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger zurückführen. Zwar kam die Idee erstmals innerhalb der Verwaltung im Rahmen des Stadtentwicklungsplanes von 2006 auf, jedoch wurde bei der Umsetzung konsequent auf die Impulse aus der Bevölkerung geachtet. Dazu gehört auch, dass Trampelpfade, die die intuitive Nutzung des Raums aufzeigen, ausgebaut wurden, anstatt völlig neue Wegeverbindungen „von oben“ zu planen. Bürgerinnen und Bürger wurden von Beginn an, mit vielen Formaten und unterschiedlicher Intensität (von Information zu Mitplanung), eingebunden. Dazu gehörte auch ein ständiger Austausch bei Stadtfesten, Bürgerversammlungen und die Kooperation mit dem Quartiersmanagement. Eine zügige Umsetzung der Projekte schaffte außerdem Vertrauen in die Stadtverwaltung und ein Gefühl von Wertschätzung in der Bevölkerung.

Lernerfahrung

Durch die attraktive Gestaltung von zentralen Flächen im Quartier, unter Einbindung der Bewohnerinnen und Bewohner, wurde die Aufenthaltsqualität des öffentlichen und halböffentlichen Raums für unterschiedliche Bewohnergruppen erheblich verbessert. Gleichzeitig wurden durch das neue und ansprechend gestaltete Wegenetz verbindende Elemente zwischen dem räumlich segregierten Stadtteil und den benachbarten Wohnbereichen geschaffen. Die zusätzliche Beleuchtung der Wegeverbindungen hat das Sicherheitsgefühl für alle Nutzerinnen und Nutzer verbessert. Durch Maßnahmen wurde die Nutzung intensiviert und das Image aufgewertet.