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Das Bild zeigt ein Luftbild der Wetzlarer Innenstadt mit Blickrichtung Nordwest. Im Vordergrund ist der Verlauf der Lahn zu sehen, im Hintergrund die Quartiere "Bahnhofsquartier", "Karl-Kellner-Ring" und "Langgasse" Quelle:Terra Active Networks GmbH

Typ: Praxisbeispiel , Datum: Wachstum und nachhaltige Erneuerung , Datum: 05.10.2021

Innenstadtentwicklung – Aufwertung öffentlicher Räume /Freiraumgestaltung Wetzlar – Quartiere an der Lahn

Die Stadt Wetzlar liegt im hessischen Lahn-Dill-Kreis und wird von der Lahn durchflossen. Als Sitz der Kreisverwaltung, der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM), verschiedener international agierender Unternehmen (wie Buderus und Leica) sowie als Standort des größten Krankenhauses der Region, besitzt Wetzlar sowohl als Arbeits- und Versorgungszentrum als auch als Bildungs- und Wissenschaftsstandort überregionale Bedeutung.Das Fördergebiet „Quartiere an der Lahn“ umfasst mehrere sehr heterogene Quartiere in unmittelbarer Nachbarschaft zur historischen Altstadt und zum Lahnufer. Zahlreiche städtebauliche Missstände im Hinblick auf die Stadtgestalt, den öffentlichen Raum und die Verkehrssituation prägen das Fördergebiet. Die Uferbereiche der Lahn sind nicht durchgehend zugänglich und schlecht erreichbar. Ziel der Gesamtmaßnahme ist es, in einem integrierten Ansatz die Quartiere an der Lahn in ihrer Funktion als Wohn- und Arbeitsort aufzuwerten und zu stärken.

Eckdaten

Land

Hessen

Bevölkerung (Gemeinde)

rund 53.000

Gebietsgröße

rund 34 Hektar

Bundesfinanzhilfen

circa 0,2 Millionen Euro (2020)
circa 2,1 Millionen Euro (2016-2019 in anderen Programmen)

Gebietstypus

Stadtzentrum

Schwerpunktthemen

  • Denkmalschutz / Baukultur
  • Mobilität
  • Öffentlicher Raum
  • Stärkung des Wohn- und Arbeitsstandortes

Instrumente

  • Bürgerbeteiligung
  • Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept
  • Mittelbündelung
  • Lokale Partnerschaft aus Stadtverwaltung und -politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft
    Kommunales Anreizprogramm für Gebäudesanierung privater Eigentümer

Kontext

Wetzlar wurde mit den „Quartieren an der Lahn“ im Jahr 2016 in das Programm Stadtumbau aufgenommen. Das Fördergebiet unterteilt sich in vier Teilgebiete. Diese sind das Quartier rund um die Bahnhofstraße im Norden, der langgestreckte Karl‐Kellner‐Ring mit Umgebung, der Bereich Langgasse/Hintergasse und das Gebiet östlich der Lahn. Sie sind in ihrer städtebaulichen Struktur sehr heterogen und weisen einerseits verdichtete, gemischte Quartiere auf (zum Beispiel die Fußgängerzone an der Bahnhofstraße), andererseits auch mittelalterlich geprägte Vorstädte (Langgasse, Hintergasse), große Einzelhandelsareale (darunter auch Einkaufszentren), stark belastete Verkehrsflächen (Karl-Kellner-Ring, Buderusplatz) und auch untergenutzte Freiflächen, hauptsächlich am Lahnufer.

Bereits im Jahr 2016 waren im Einzelhandelsbereich teilweise hohe Leerstände und mindergenutzte Flächen zu verzeichnen, die sowohl Ursache als auch Folge eines insgesamt wenig vielfältigen und selten attraktiven Angebots an Waren und Dienstleistungen waren. Vereinzelten Angeboten für Freizeit- und kulturelle Aktivitäten stand eine Vielzahl von Vergnügungsstätten mit problematischer Außenwirkung gegenüber. Durch den Sanierungsbedarf bei historischen und stadtbildprägenden Gebäuden sowie durch Baulücken und teils unmaßstäbliche Bebauung entstand eine negative Raumwirkung. Diese wurde noch verstärkt durch die fehlende Wahrnehmbarkeit der Altstadteingänge.

Gleichzeitig ist seit einigen Jahren in Wetzlar insgesamt und insbesondere im innerstädtischen Bereich eine steigende Wohnungsnachfrage zu verzeichnen, die durch vorhandene Angebote nicht gedeckt werden kann.

Beschreibung der Gesamtmaßnahme

Grundlage für die Programmumsetzung im Stadtumbauprogramm bzw. ab Programmjahr 2020 im Programm „Wachstum und nachhaltige Erneuerung“ ist das im September 2018 beschlossene Integrierte Handlungskonzept „Quartiere an der Lahn“ (IHK 2018). Das IHK baut auf vorangegangenen Konzepten wie dem Innenstadtentwicklungskonzept (2012) und dem Rahmenplan Bahnhofstraße (2015) auf. Parallel zum IHK wurde 2018 das Konzept zur Integration der innerstädtischen Wasserläufe (KIWA) erarbeitet. Diese übergeordneten informellen Planungsinstrumente werden zusätzlich durch Fachkonzepte untersetzt, etwa durch ein Rad- und Fußverkehrskonzept (2019). Als wesentliche Ziele der Gesamtmaßnahme wurden u.a. die Neuordnung des Verkehrs, die Aufwertung des öffentlichen Raumes unter besonderer Berücksichtigung der Lahnufer und die Belebung des Gebietes als Wohn- und Arbeitsstandort festgelegt.

Um städtebauliche Investitionen umsetzen zu können, waren zunächst vorbereitende Maßnahmen und die Etablierung städtischer Begleitstrukturen notwendig. Bereits 2015/2016 wurden Teilflächen am Lahnufer durch die Stadt erworben, um einen durchgehenden Uferweg zu ermöglichen. In einer 2016 geschlossenen „Lokalen Partnerschaft“ begleiten mehrere städtische Akteure aus Stadtpolitik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft den Umsetzungsprozess. Mit einem kommunalen Anreizprogramm möchte die Stadt Hauseigentümer und Gewerbetreibende im Fördergebiet zu Sanierungsmaßnahmen und Maßnahmen des Klimaschutzes ermutigen, zum Beispiel Fassadenbegrünungen oder die Modernisierung von Geschäftsflächen in Erdgeschosszonen.

Städtebauliche Maßnahmen werden in allen Teilgebieten durchgeführt. Derzeit konzentrieren sich die Aktivitäten vorwiegend auf die Bahnhofstraße. Diese erfährt in verschiedenen Abschnitten funktionale und gestalterische Aufwertung. 2020 wurde das größtenteils leerstehende Einkaufszentrum „Lahnhof“ abgerissen. Hier sollen an den „Lahngärten“ Neubauten das Wohnangebot erweitern und mit Gastronomie und modernen Geschäftsflächen das Warenangebot qualifizieren. Für einen modernen und gut erreichbaren Standort der Stadtbibliothek wurde ein Bestandsgebäude in der südlichen Bahnhofstraße umgebaut. Zur Stärkung des Kulturstandortes entsteht zudem in unmittelbarer Nähe ein Neubau für die Volkshochschule.

Zu sehen ist der neu geschaffene Fuß- und Radweg entlang der Lahn im Bereich Hintergasse und Langgasse Zu sehen ist der neu geschaffene Fuß- und Radweg entlang der Lahn im Bereich Hintergasse und Langgasse (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Stadt Wetzlar Neu geschaffener Uferweg an der Lahn im Bereich Hintergasse/Langgasse

Die Aufwertung der Fußgängerzone in der Bahnhofstraße soll die Attraktivität steigern und weiter zur Verkehrsberuhigung beitragen. Stellplätze werden im neuen Parkhaus der Volkshochschule verortet. Neue Wegeverbindungen und damit Mobilitätsalternativen bietet der ausgebaute Fuß- und Radweg entlang des Lahnufers. Dazu erfolgte im Jahr 2020 ein Lückenschluss des Lahnuferweges zwischen der Alten Lahnbrücke und der Ponton-Brücke.

Zukünftig sind die Sanierung des Hauses der Jugend (Quartier östlich der Lahn) und des Freibades Domblick geplant. Um Ideen und Gestaltungsmöglichkeiten für das Freibad Domblick zu entwickeln, wurde im Jahr 2015 eine viertägige Planungszelle mit Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt. Die Ergebnisse mündeten in einem sogenannten „Bürgergutachten“. Auch Architekturwettbewerbe dienen als Instrument zur Gestaltung öffentlicher Einrichtungen.

Meilensteine des Projekts

  • 2012 Erarbeitung des Innenstadtentwicklungskonzepts als strategischer Orientierungsrahmen für die Entwicklung aller innerstädtischen Quartiere
  • 2015 Konkretisierung der Entwicklungsziele für ein Teilquartier im „Rahmenplan Bahnhofstraße“
  • 2015 Bürgergutachten zum Freibad Domblick
  • 2016 Beschluss über die Einrichtung einer „Lokalen Partnerschaft“, Aufnahme in das Programm Stadtumbau
  • 2017 Eröffnung der neuen Stadtbibliothek in der Bahnhofstraße
  • 2018 Beschluss des IHK und Beauftragung eines externen Stadtumbaumanagements, Erarbeitung des KIWA
  • 2018 Beginn der Neuordnungsmaßnahmen am Lahnufer und der Baumaßnahmen an der Bahnhofstraße
  • 2020 Abriss des ehemaligen Kaufhauses Lahnhof und Baubeginn für das LahnQuartier
  • 2020 Fertigstellung des Lahnuferweges zum Lückenschluss zwischen Alter Lahnbrücke und Ponton-Brücke (Bereich Hintergasse)
  • 2022 Voraussichtlicher Einzug der Volkshochschule in einen Neubau an der Bahnhofstraße
  • 2025 Geplanter Abschluss der Gesamtmaßnahme

Besondere Aspekte der Quartiersentwicklung

Die erfolgreiche Neuordnung innerstädtischer Quartiere gelingt nur im Zusammenspiel der Kommune, privater Investoren und der Stadtgesellschaft. Das zeigt sich besonders deutlich an Orten mit herausgehobener Attraktivität. In Wetzlar entsteht mit dem "LahnQuartier" in privat-städtischer Zusammenarbeit ein neues Wohn- und Geschäftsareal, das von einem privaten Investor entwickelt wird. Gleichzeitig hat die Stadt wichtige Flächen erworben und wertet sie auf, um den öffentlichen Zugang zur Lahn und die Durchlässigkeit des Quartiers zu gewährleisten. Auch die städtische Nutzung eines privat realisierten Neubaus als Volkshochschule bedingt eine öffentlich-private Partnerschaft in der Planung.

Ein weiteres Beispiel kooperativer Planung bildet die frühzeitige Einbindung von Nutzergruppen. So wurden in einem Bürgergutachten Ideen und Prioritäten zur Sanierung des Freibads erarbeitet und in die weitere Planung integriert. Entsprechend soll das Freibad in den nächsten Jahren am bestehenden Standort zu einem Naturfreibad umgebaut werden und sich zur Lahn hin öffnen. Die Leitung der Bürgerbeteiligung hatte die Bergische Universität Wuppertal, die mit ihrem Konzept über ein Interessensbekundungsverfahren von der Stadt ausgewählt wurde.

Lernerfahrung

Mit der Erarbeitung konzeptioneller Grundlagen, dem Abschluss öffentlich-privater Partnerschaften und intensiver Bürgerbeteiligung wurde ein breit angelegter Umgestaltungsprozess in allen Quartieren in Wetzlar auf den Weg gebracht. Nach einem vermeintlich langsamen Start hat sich nun eine hohe Entwicklungsdynamik eingestellt. Durch die Kooperation zwischen Stadt und privaten Akteuren erhalten die Investitionsvorhaben eine hohe städtebauliche Qualität und werden für die gesamte Stadtgesellschaft zugänglich. Innerhalb der „Lokalen Partnerschaft“ werden wichtige städtische Akteure in den Prozess eingebunden und unterschiedliche Interessen bestmöglich berücksichtigt. Die weitere Entwicklung der Quartiere an der Lahn soll auch in den nächsten Jahren durch das Programm Wachstum und nachhaltige Erneuerung unterstützt werden.